Bausteine zu einer Geschichte
des weiblichen Sprachgebrauchs
Projektskizze
Dieses Projekt entstand aus der Überlegung heraus, daß weiblicher Sprachgebrauch ein in der deutschen Sprachgeschichtsschreibung kaum berücksichtigtes Thema ist und daß es nicht möglich sein wird, den Nachholebedarf im Rahmen des Projektes „Historische Soziolinguistik des Deutschen“ zu bewältigen, daß zusätzliche Anstrengungen nötig sind, um diesen unrühmlichen großen weißen Fleck zu tilgen. Was alles zu tun wäre und wie man es tun könnte, habe ich 1992 in Bremen auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Sprachwissenschaft (AG Soziolinguistische Geschlechterforschung) und 2000 in Wien auf dem Internationalen Germanistentag (s. Drucksachen: Wien) vorgetragen.
Als Quellenbasis bieten sich mit dem 18. Jahrhundert von Frauen verfaßte Hand- und Druckschriften in großen Mengen an, die zum Teil bereits für literaturwissenschaftliche Belange erschlossen sind. Für den Zeitraum vor 1700 ist die Situation nicht so günstig, aber bereits im 14. Jahrhundert gibt es Autographe, die zumindest den Zugang zu individuellem weiblichem Umgang mit deutscher Sprache und Aussagen über individuelles Kommunikationswissen und individuelle sprachliche Kompetenzen zulassen.
Frauentexte legen Zeugnis ab über sozial differenziertes weibliches Sprachhandeln in einer Vielzahl gesellschaftlicher Kommunikationsbereiche, über sozial differenzierte weibliche Sprachkultur – etwa in den Frauenklöstern, in Kulturbünden, Salons, politischen Vereinigungen – und über den Platz des weiblichen Geschlechts im sprachhistorischen Prozeß. Für unser Jahrhundert haben wir darüber hinaus die Möglichkeit, über Befragungen und Tonbandaufzeichnungen zu Massendaten zu gelangen. Am ertragreichsten sind geschlechtskonfrontierende Untersuchungen.
Leider ist es bisher noch kaum gelungen, finanziell abgesicherte Forschungsprojekte für diesen Objektbereich zu installieren. Das hier vorgestellte Projekt lebt von Beiträgen, die in sehr unterschiedlichen Forschungszusammenhängen entstehen, und wird getragen von WissenschaftlerInnen, die zumeist in andere Forschungsprojekte fest eingebunden sind. Es verwirklicht sich in internationalen Fachkonferenzen wie im Widerhall, den sie im In- und Ausland finden. Inzwischen können wir auf mehr als ein halbes Hundert Aufsätze und auch auf drei Monographien verweisen. Eine erste Bibliographie (s. Drucksachen: Bibliographie), die auch andere uns bekannt gewordene Publikationen zum Thema einbezieht, wurde in „Bausteine zu einer Geschichte des weiblichen Sprachgebrauchs IV“ (Stuttgart 2000) veröffentlicht. Eine erweiterte Fassung ist dem Konferenzband beigegeben, der 2002 erschienen ist.
Konferenzen
Dem Projekt ordnet sich die Konferenzreihe „Bausteine zu einer Geschichte des weiblichen Sprachgebrauchs“ zu, die seit ihrem Entstehen von der deutschen Forschungsgemeinschaft mit finanziellen Zuwendungen an KonferenzteilnehmerInnen aus Mittel-Ost-Europa unterstützt wurde. Die im Zweijahresrythmus durchgeführten internationalen Fachtagungen boten die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch über variierende Arbeitsschwerpunkte:
– Rostock, Sept.1993: Forschungsberichte – Projektangebote – Forschungskontexte;
– Lübben/Spreewald, Juli 1995: Forschungsberichte – Methodenreflexion;
– Dresden, Sept.1997: Forschungsberichte und feministische Fragestellungen;
– Potsdam, Sept.1999: Fragestellungen – Methoden - Studien;
– Dresden, Sept. 2001: Vertextungsstrategien und Sprachmittelwahl in Texten von Frauen;
– Magdeburg, Sept. 2003: Sprachgebrauch von Frauen in ihren eigenen Texten;
– Dresden, Sept. 2005: Fallstudien zum Umgang von Frauen mit Sprache;
– Magdeburg, Sept. 2007: Sprachliches Agieren von Frauen in approbierten Textsorten;
– Magdeburg, Sept. 2009: Zum Sprachgebrauch in Texten von Frauenhand im Kontext des allgemeinen Sprachgebrauchs;
– Paderborn, Sept. 2011: Texte – Zeugnisse des produktiven Sprachhandelns von Frauen in privaten, halböffentlichen und öffentlichen Diskursen vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
GastgeberInnen waren mit Prof. Dr. habil. Irmtraud Rösler, Prof. Dr. habil. Rainer Hünecke, Dr. Elisabeth Berner, Dr. habil. Kirsten Sobotta und Prof. Dr. habil. Britt-Marie Schuster die Germanistischen Institute der Universitäten Rostock, Dresden, Potsdam, Magdeburg und Paderborn.
Die Konferenzbeiträge sind als Sammelpublikationen in den „Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik“ (S.A.G.) bei Hans-Dieter Heinz in Stuttgart erschienen.
Mit der Tagung in Paderborn wurde die Konferenzreihe beendet.
Publikationen
Konferenzbände
BRANDT, Gisela ( Hg.): Bausteine zu einer Geschichte des weiblichen Sprachgebrauchs I-VIII. Stuttgart 1994; 1996; 1998; 2000; 2002; 2004; 2006; 2008; 2010, 2012.
(S.A.G. Nr.299, ISBN 3-88099-303- 3; S.A.G. Nr.341, ISBN 3-88099-346-7; S.A.G. Nr.368, ISBN 3-88099-368-8; S.A.G. Nr.380, ISBN 3-88099-385-8; S.A.G. Nr.403, ISBN 3-88099-408-0; S.A.G. Nr. 418, ISBN 3-88099-423-4; S.A.G. Nr. 435, ISBN 3-88099-440-4; S.A.G. Nr. 445, ISBN 3-88099-450-8; S.A.G. Nr. 451, ISBN 978-3-88099-456-0, S.A.G. Nr. 457, ISBN 978-3-88099-462-1)
Monographien
BRANDT, Gisela: Ursula Weyda – prolutherische Streitschriftautorin 1524. Soziolinguistische Studien zur Geschichte des Neuhochdeutschen. Stuttgart 1997. (S.A.G. Nr. 358, ISBN 3-88099-363-7)
HÜNECKE, Rainer und Ulrike: „Ich, die unterzeichnete Witwe …“ Frauen aus Tharandts Geschichte schreiben an die Obrigkeit. Tharandt 1997.
BRANDT, Gisela: Ursula Pfaffinger, Agnes Sampach, Elisabeth Kempf, Caritas Pirckheimer u.a. – Chronistinnen von Amts wegen. Soziolinguistische Studien zur Geschichte des Neuhochdeutschen. (S.A.G. 447) Stuttgart 2008.
BRANDT, Gisela: Christine Ebner und andere Ordensfrauen im hagiographisch-historiographischen Diskurs des 14. Jahrhunderts. Soziolinguistische Studien zur Geschichte des Neuhochdeutschen. 2 Teilbände. (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 458) Stuttgart 2013.
Bibliographie
BRANDT, Gisela: Bibliographie. Beiträge zu einer Geschichte des weiblichen Sprachgebrauchs (3., stark erweiterte Fassung). In: Gisela Brandt (Hg.): Bausteine zu einer Geschichte des weiblichen Sprachgebrauchs VIII. Sprachliches Agieren von Frauen in approbierten Textsorten. Internationale Fachtagung Magdeburg 10.-11.9.2007. (S.A.G. 445) Stuttgart 2008.
BRANDT, Gisela: Bibliographie. Beiträge zu einer Geschichte des weiblichen Sprachgebrauchs (BGwS [I]-X, 1994-2012). In: Gisela Brandt (Hg.): Bausteine zu einer Geschichte des weiblichen Sprachgebrauchs X. Texte - Zeugnisse des produktiven Sprachhandelns von Frauen in privaten, halböffentlichen und öffentlichen Diskursen vom Mittelaler bis in die Gegenwart. Internationale Fachtagung Paderborn 04.-07.9.2011. (S.A.G. 457) Stuttgart 2012.